Anna Nezhnaya

In moderne Welt verbreitet sich das Gefühl einer ‘Katastrophe ohne Ereignis’ (Eva Horn). 
Genau darin besteht das gegenwärtige Bewusstsein einer ‘Zukunft als Katastrophe’: 
das Gefühl, sich an einem solchen „tipping point“ zu befinden, wo die bloße Fortsetzung 
des Alltäglichen sich langsam zu einem katastrophalen Bruch aufaddieren könnte. 
Nicht zufällig sind die Katastrophen Szenerien, die heute am intensivsten diskutiert werden, Zusammenbrüche hyperkomplexer Systeme wie Ökosysteme, Finanzmärkte, Ozeane und allen voran das Klima. 
Hat man im Kalten Krieg noch die greifbare Schreckvision einer nuklearen Katastrophe durch den berühmten „Knopfdruck“, so lebt ein Mensch heute mit dem Gefühl 
einer ‘Katastrophe ohne Ereignis’, das keine Anfang und keine Ende hat. Die Apokalypse ist aber nicht draußen, sie ist drinnen in uns und ist vorbestimmt 
und prediziert auf uns selbst (Ursache). Eine subjektive Apokalypse, wenn die Bruchstücke der Wirklichkeit implizit zu einer apokalyptischen Vision der Welt geformt werden - 
das ist ein Kommentar zu der akuten inneren Wahrnehmung der modernen Psyche. Deshalb vielleicht fühlt sich alltägliches Drama wie ein totaler Zusammenbruch, Kollision. 
Eine Tragödie, die wie eine ‘Kleine Tragödie’ auftritt, obwohl es wie das Ende der Welt fühlt. Das Mittelalter ist zu Ende. Doch der ‘apokalyptische Ton’ (Jaques Derrida) kehrt heute 
in den unterschiedlichsten Spielarten und Diskursformen wieder: im Kino (von Roland Emmerich bis Lars von Trier), in der Literatur (von Cormac McCarthy und Michel Houellebeqc bis Kathrin Röggla und Thomas Glavinic), im populären Sachbuch, in Computerspielen, 
in der soziologischen und philosophischen Zeitdiagnose (von Ulrich Beck bis Harald Welzer, Peter Sloterdijk und Bruno Latour), in den Naturwissenschaften (von der Geologie bis zur Klimawissenschaft), und neuerdings sogar in der notorisch Fortschritts - und wachstumseuphorischen Ökonomie. Ich frage mich, wann die Apokalypse überhaupt angefangen hat. War
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